Die Facetten des Lichts

Mit Licht zu arbeiten bedeutet, alles im Blick zu haben, über die eigenen Grenzen hinauszudenken und Neues zu entwickeln. Gemeinsam mit Neuco-Lichtexperte Thomas Lack nähern wir uns von aussen nach innen dem Fokusthema dieses Magazins «Licht aus unterschiedlichen Blickwinkeln».

Licht lässt sich aus verschiedenen Perspektiven betrachten und analysieren. Dafür muss man jedoch zuerst ein paar Schritte zurücktreten, eine beobachtende Rolle einnehmen und das Thema aus der Distanz betrachten. «Die umfassendste Perspektive auf künstliches Licht, das im Aussenraum verwendet wird, erhalten wir aus dem All», erklärt Thomas Lack, verantwortlich für Training und Projektsupport bei Neuco.

Der Blick aus dem Weltraum zeigt leider ein gravierendes Bild und bekanntes Phänomen: Lichtglocken, die über den grossen Ballungszentren der Erde – aber auch über kleineren Städten – hängen und den Blick auf den Sternenhimmel trüben.

Die umfassendste Perspektive auf künstliches Licht, das im Aussenraum verwendet wird, erhalten wir aus dem All.

Die fünf Kontinente sind mittlerweile auch bei Nacht erstaunlich gut aus dem All erkennbar. Beeindruckend und gleichzeitig erschreckend, wie hell es über vielen Regionen leuchtet. «Unser Antrieb ist es, die Nacht möglichst dunkel zu halten, um die nachtaktiven Tiere zu schützen und uns den noch verbleibenden Nachthimmel zu erhalten. Das bedeutet, dass wir dieses Thema in der Planung ernst nehmen und uns aktiv für eine Reduktion von störenden Lichtemissionen im Aussenraum einsetzen», so der Lichtspezialist. Mehr zum Thema Nachthimmel und Lichtverschmutzung erfahren Sie in diesem Beitrag.

60 Prozent der europäischen Bevölkerung können die Milchstrasse nicht mehr sehen. Beeindruckend und gleichzeitig erschreckend, wie hell es über vielen Regionen leuchtet.

Im Freien? Nur so viel Licht wie nötig.

Die Dunkelheit ist an vielen Orten bereits heute ein rares Gut. 2005 erschien eine Broschüre vom Bundesamt für Umwelt (ehemals BUWAL) zum Thema «Empfehlungen zur Vermeidung von Lichtemissionen». Damals noch mit vielen Bildern, die vom Boden aus gemacht wurden. Der Schweizerische Ingenieur- und Architektenverein (SIA) hat 2013 nachgezogen und veröffentlichte die neue Norm SIA 491 («Vermeidung unnötiger Lichtemissionen im Aussenraum»).

Der Stadtgarten Chur – ohne störende Emissionen gemäss dem 7-Punkte-Plan des Bundesamts für Umwelt (BAFU).
Der Lichtaustritt nur nach unten, eine an die Situation angepasste Lichtmenge und eine warme Farbtemperatur – die Wohnüberbauung «Promenade Horgen» am Zürichsee.

Der Grundsatz für den Aussenbereich lautet: nur so viel Licht wie nötig.

Ein zentrales Thema, das auch Neuco beschäftigt. «Heute haben wir neue Möglichkeiten und können dadurch genauer planen. Beispielsweise können wir messen, wie viel Licht nach oben und nach hinten strahlt. Das war früher nicht möglich», so der Lichtexperte.

Der CEN Flux Code nach EN 13032‑2 ist ein Indikator dafür, wie gut eine Leuchte störende Lichtemissionen im Aussenraum vermeidet. Der Code weist die prozentuale Angabe des nach oben und unten abgestrahlten Lichtstromanteils aus. Die letzten vier Ziffern zeigen an, wie viel Licht in den oberen Halbraum abgegeben wird.

Ein weiterer Aspekt des Lichts, welcher eine wichtige Rolle im Zusammenhang mit der Dunkelheit und der Natur spielt, ist die Lichtfarbe. Man weiss heute, dass gewisse Tiere und Insekten warme Farbtemperaturen nur bedingt oder gar nicht sehen können. «Also stellen wir in der Nacht sukzessive auf eine warme Farbtemperatur von weniger als 3000 Kelvin um», erklärt Thomas Lack und fügt an: «Wir legen auch grossen Wert darauf, dass das Licht an den richtigen Ort geht. Wichtig ist deshalb, dass Leuchten zum Einsatz kommen, die nur die Nutzfläche wie beispielsweise Strassen heller scheinen lassen und nicht noch ungewünscht umliegende Zonen wie Schlafzimmerfenster oder Wiesen beleuchten.» Der Grundsatz für den Aussenbereich lautet: nur so viel Licht wie nötig.

Wir stellen in der Nacht sukzessive auf eine warme Lichttemperatur um.

360°-Lichtexpertise

Im Innenraum gilt derselbe breite Blick auf das Thema Licht. Im Fokus steht dabei das «Wie». Konkreter: Wie viel Licht benötigt der Raum? Wie soll die Lichtstimmung in einem Raum sein? Handelt es sich um einen quantitativen oder einen qualitativen Ansatz? «Es geht immer um den Kontext und auch um eine Haltung. Wir von Neuco legen Wert auf einen qualitativen Ansatz. Das bedeutet, wir berücksichtigen Leuchtdichten und arbeiten mit der aufwendigen Contrast- Rendering-Factor-Bewertung», erläutert Thomas Lack und führt fort: «Ein guter Lichtanwender berücksichtigt auch den Teppich, das Sofa sowie weiteres Interior und entscheidet dann, wo es helle Zonen geben soll und wo kein Licht gewünscht ist, damit am Schluss ein harmonisches Raumgefühl entsteht.» Eine Kompetenz, die nur teilweise vermittelt werden kann und jahrelange Erfahrung erfordert.

Sorgfältig eingesetztes Licht hat die Kraft, die Architektur in eine weitere Dimension zu heben.

Gerade bei Museumsbeleuchtungen sind qualitative und quantitative Aspekte einer Lichtlösung gleichermassen wichtig.
Auch eine diffuse Lichtstimmung will geplant sein.

«Unser Anspruch bei Neuco liegt darin, gutes Licht einzuplanen, das man gar nicht bewusst wahrnimmt, weil es einfach stimmt», so der Lichtexperte. Er ergänzt: «Sorgfältig eingesetztes Licht hat die Kraft, die Architektur sichtbar zu machen und sie in eine weitere Dimension zu heben.» Wichtig zu verstehen sind auch die unterschiedlichen Anforderungen, die Räume haben. Ein Lichtkonzept für einen Seminarraum birgt beispielsweise andere Ansprüche als dasjenige für ein Café. «Wird das Licht in einer stimmungsvollen Location wie in einer Bar um einen Meter verschoben, dann stimmt es nicht mehr. Nur wenn Licht in die Architektur miteinbezogen wird, wird auch das Ergebnis grossartig.» Man muss also das Thema Licht aus vielerlei Blickwinkeln betrachten, erfassen und planen. Es fordert Präzision, Wissen und ein gutes Gespür für das Medium Licht – und nicht zuletzt den Blick für das grosse Ganze.

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