Konzentriertes Licht: Anleitung zu einer dramatischen Lichtinszenierung.

Farben erkennen, Formen sehen, Dimensionen fühlen – dramatisches Licht beeinflusst unsere Wahrnehmung entscheidend. Das lässt sich gezielt nutzen, zum Beispiel im Verkauf, in Ausstellungen, Wohnräumen oder im Theater. Ein Drama in vier Akten.

Bei all den modernen Entwicklungen in der Lichttechnik geht gern vergessen, dass Lichtstimmungen und deren Wirkung auf uraltes Wissen zurückgehen. Machen wir doch zur Abwechslung zu all den Fortschritten zunächst einen Rückblick – in die Vergangenheit. Die Geschichte von Lichtstimmungen mit konzentriertem, dramatischem Licht geht nämlich weit zurück. In Mythologie, Religion, Kunst, Architektur, aber auch in der Machtausübung wurde das Wissen um dramatische Lichtstimmungen schon lange bewusst angewandt. Zu Beginn aber hatten die Menschen dieses besondere Lichtschauspiel in der Natur beobachtet: Wechselnd akzentuierte Lichtstimmungen, erzeugt durch das Spiel von isolierten Lichtstrahlen und Schatten, nahmen die Menschen seit jeher als spannend wahr.

Der isolierte Lichtstrahl, bewusst eingesetzt in der Malerei

Deshalb wurde der isolierte Lichtstrahl schon früh und oft in der Malerei eingesetzt, um den Blick des Betrachters auf bestimmte Szenen und Details im Bild zu lenken. Auch versuchte man, solche dramatischen Lichtstimmungen aus der Natur im Innenraum zu reproduzieren. Zunächst mit Öl- und Gasleuchten und Kerzen, die mit Reflektoren oder Glaslinsen versehen wurden. Erst später, als es erstmals gelang, eine künstliche Lichtquelle mit viel Licht aus einem kleinen Brenner herzustellen, konnten dramatische Lichtstimmungen verfeinert werden. Zum Beispiel fürs Theater, wo die Lichtdramatik eine besonders zentrale Rolle spielt. Heute ist man mit den modernen Lichtwerkzeugen so weit, dass man gar nichts mehr dem Zufall überlässt. Jede einzelne Einstellung wird choreographiert und eingeleuchtet, bis die Stimmung einfach perfekt ist. Und zwar nicht nur im Theater, sondern auch in vielen anderen Anwendungsbereichen, wie in der Gastronomie, in Ausstelllungen, im Verkauf oder auch in Wohnräumen.

Akzentuierte Lichtstimmung in der Natur

Moderne Erklärung für ein altes Phänomen

Heute lassen sich diese uralten Erkenntnisse aus der Natur und den Anfängen des Kunstlichts auch wissenschaftlich erklären. Es ist physikalisch erwiesen, dass dramatisch inszenierte Objekte in dunklerem Umfeld grösser, mystischer und spannender erscheinen. Auch kann das menschliche Auge bei hoher Beleuchtungsstärke Details hinsichtlich Farbe, Form und Grösse besser erkennen. Die Wahrnehmungspsychologie lehrt zudem, dass wir beim Betreten eines Raums erstens auf andere Menschen, zweitens auf Bewegung und drittens auf Helligkeitsunterschiede achten. Diese Helligkeitsunterschiede entstehen durch den Kontrast von Umgebungslicht und konzentriertem Licht in einem Raum. Die unterschiedlichen Leuchtdichten führen dazu, dass wir das Licht nicht gleich hell wahrnehmen, was fürs Auge spannend ist. Dieses Verhältnis der Leuchtdichten wird im Kunstlicht im Bereich zwischen 1:2 und 1:50 angewendet, wobei das Verhältnis 1:2 kaum sichtbar ist, das Verhältnis 1:50 hingegen eine sehr dramatische Lichtstimmung erzeugt. Das konzentrierte Licht wird damit – in Kombination mit dem Umgebungslicht und brillantem Licht (siehe auch Neuco-Magazin Ausgabe 01, ab Seite 4) – zur spannendsten Komponente in der Lichtanwendung. Und wie diese professionell angewendet wird, wollen wir hier etwas näher beleuchten.

Vier Komponenten – eine Lichtstimmung

Dramatische Lichtstimmungen ziehen also unsere Aufmerksamkeit auf sich. Diese Gesetzmässigkeit machen sich Laden- und Restaurantbesitzer, Aussteller und Architekten zunutze, um den Menschen zielführend zu lenken. Damit das aber auch wirklich gelingt, bedarf es einer gezielten, exakt geplanten Lichtkomposition, in der sowohl der Einsatz der Lichtstrahlen, deren Intensität sowie Einfallsrichtung genau stimmen müssen. Denn nur so kann die Lichtanwendung ihre Wirkung voll entfalten. Konzentriertes Licht entsteht durch Lichtwerkzeuge mit hohem Designfaktor. Also durch Leuchten, die eine hohe Anzahl Lumen pro Quadratmillimeter aufweisen, sowie Leuchtmittel mit kleinen Brennern und hohem Lichtoutput. Die Optik dieser Leuchten gewährleistet präzise Halbwert- und genau definierte Abblendwinkel. Deshalb eignen sie sich nicht für grossflächige Beleuchtungen, sondern eben für konzentriertes Licht in einem Raum. Um eine dramatische Beleuchtung zu erzielen, muss die Lichtszene von Grund auf aus verschiedenen Komponenten gebaut werden. Nehmen wir als konkretes Beispiel ein beleuchtetes Objekt aus der Dauerausstellung des Museums Rietberg in Zürich. Um die Lebendigkeit und Dreidimensionalität dieser Skulptur dramatisch in Szene zu setzen, kommen vier Lichtkomponenten zum Einsatz.

Kultureller Schatz des Museums Rietberg
  • Back-Light oder das Licht von hinten: Das Back-Light macht die Kontur und Form der Skulptur sichtbar. Bei sämtlichen Gegenständen, die von ihrer Form leben – zum Beispiel Vasen oder Autos –, spielt das Back-Light deshalb eine zentrale Rolle.
  • Fill-Light oder das Aufhelllicht: Das Fill-Light hellt die Skulptur von rechts einseitig auf. Gleichzeitig schwächt es die starken Schlagschatten ab, die das Key-Light von der linken Seite her auf die Skulptur werfen.
  • Key-Light oder das Akzentlicht: Das Key-Light beleuchtet die Szene von links und erzeugt die schönen Schatten über dem rechten Auge der Skulptur. Das Key-Light verfügt über die gleiche Leistung wie das Fill-Light, wird aber in einem engeren Winkel auf die Skulptur geworfen, weshalb die Beleuchtungsstärke steigt.
  • Zenith-Light oder das Himmelslicht: Die ganze Beleuchtungsszene wird durch etwa acht Prozent Zenith-Light von oben aufgehellt. Es mildert die Dramatik und führt zu einem ermüdungsfreien, angenehmen Seherlebnis. Es muss ganz schwach gehalten werden, denn ein zu helles Zenith-Light überblendet die Lichtszene und führt zu Schleierleuchtdichten.
v.l.n.r. konzentriertes Licht, Back-Light, Fill-Light, Key-Light, Zenith-Light

Einsatzbereiche für dramatisches Licht

Die Planungsgrundlage für die Skulptur-Beleuchtung im Museum Rietberg gilt natürlich auch in allen anderen Bereichen. Moderne Verkaufskonzepte arbeiten oft nur noch mit konzentriertem Licht und decken das Licht zur Orientierung durch Streulicht ab. Dadurch lassen sich tiefe Anschlusswerte bei hoher Dramatik erzielen. Im Aussenraum soll sogar ausschliesslich konzentriertes Licht zur Anwendung kommen – denn unkontrolliertes, diffuses Licht führt zu Lichtverschmutzung von Wohnräumen und der Umwelt. Im Arbeitsbereich hingegen sollte konzentriertes Licht nur sehr zurückhaltend angewendet werden, denn Blendungen und Leuchtdichtenunterschiede können beim Arbeiten ermüdend wirken. Wie dramatisch eine Lichtstimmung sein soll, orientiert sich also immer am Zweck eines Raumes sowie dessen Nutzern und muss je nach Situation bestimmt werden. So lässt sich durch Licht aus jahrtausendealtem Wissen und modernster Lichttechnik ganz bewusst Orientierung schaffen und Aufmerksamkeit erzeugen – im Unterbewusstsein des Betrachters. Achten Sie einmal darauf, wenn Sie das nächste Mal ein Geschäft, eine Ausstellung oder einen Raum betreten – oder noch besser, wenn Sie selbst eine Lichtszene planen.

Die Dramatik-Checkliste

Ob die geplante Lichtstimmung in einem Projekt eher dramatisch oder spannungslos sein wird, können Sie einfach mit folgender Checkliste überprüfen. Schauen Sie sich eine Lichtidee an und kontrollieren Sie, ob folgende Komponenten vorhanden sind:

  • Sind präzis geführte Lichtanteile geplant, welche die ganze Szene tragen können? Hier sind Leuchten gefragt, die über Reflektoren oder Linsen mit einer definierten Abblendung verfügen.
  • Sind brillante Lichtanteile vorhanden? Dazu benötigen Sie Lichtquellen mit einem hohen Designfaktor (siehe auch Neuco-Magazin Ausgabe 01, Seiten 6-8).
  • Sind Schattenbereiche möglich? Das schöne Spiel zwischen Licht und Schatten ist nur möglich, wenn alle Leuchten abgeblendet sind beziehungsweise die nicht abgeblendeten Leuchten ausgeschaltet oder tief gedimmt sind. Diffuse Leuchten dürfen keine tragende Rolle in der Lichtszene haben.

Tipp: der Mock-up

Im Neuco-Ausstellungsraum können Sie Lichtdramaturgie in allen ihren Ausprägungen und Anwendungen live erleben. Eine grosse Auswahl an Leuchten können wir mit ausgeklügelter Theatertechnik, einer Hubdecke und modernsten Lichtsteuerungen demonstrieren. Kommen Sie vorbei und lassen Sie sich überraschen.

Lichtwerkzeuge für konzentriertes Licht

Konzentriertes Licht wird meistens über Strahler mit hohem Designfaktor geführt. Mit einer grossen Auswahl an Reflektoren, die über verschiedenen Lichtcharakte-
ristiken verfügen, können diverse dramatische Lichteffekte erzielt werden. Die gebräuchlichsten Lichtwerkzeuge sind:

  • Narrow Spot: sehr engstrahlende Leuchten mit 5° bis 7° Halbwertwinkeln; mit LED-Technologie sind Beleuchtungen mit nur 6 W möglich. Anwendungsbereiche: Ausstellungen, Bijouterien, hohe Räume und Beleuchtung präziser Details. Produktlinien: Magneto, gin.o, IP Kompaktscheinwerfer
  • Spot: Leuchten mit 10° bis 15° Halbwertwinkeln, Beleuchtungen zwischen 28 W und 51 W. Anwendungsbereiche: Ausstellungen, hohe Dramatik im Verkauf, Gastro. Produktlinien: gin.o, lo.nely, VICO, IP Kompaktscheinwerfer
  • Medium: Strahler mit 20° bis 25° Halbwertwinkeln, übliche Leistung zwischen 28 W und 51 W. Anwendungsbereiche: zur Beleuchtung grösserer Objekte und Flächen. Produktlinien: gin.o, lo.nely, VICO, IP Kompaktscheinwerfer
  • Flood: Fluter mit bis zu 40° Halbwertwinkeln und hohen Leistungen bis 51 W. Anwendungsbereiche: Wände und allgemeine Aufhellungen. Produktlinien: gin.o, lo.nely, VICO, IP Kompaktscheinwerfer
  • Zusätzliche Lichtwerkzeuge: Leuchten mit ovalen oder gestreckten Lichteffekten für lange Objekte, wie Säulen, Mannequins oder im Aussenraum für Bäume, Türme oder Wege. Produktlinien: gin.o, lo.nely, VICO, IP Kompaktscheinwerfer
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