Licht im Gesicht. Oder nicht.

Licht erfüllt verschiedene Funktionen. Gerade im öffentlichen Raum dient es der Orientierung, einer angenehmen Atmosphäre – und der Sicherheit. Entsprechend hoch und vielfältig sind die Anforderungen, die an die Beleuchtungskörper gestellt werden. Ein vielfach unterschätzter, aber äusserst wichtiger Faktor: Sie müssen eine gute Gesichtserkennung erzielen.

Donnerstagabend, Viertel nach zehn. Der Feierabend-Apéro mit den Kollegen hat etwas länger gedauert als erwartet. Draussen ist es längst dunkel geworden. Zu Fuss mache ich mich auf den Heimweg – weit ist es ja nicht. Vom Bleicherweg her, der auch um diese Uhrzeit noch im bunten Licht der unzähligen Schaufenster erstrahlt, biege ich auf den Fussweg am Schanzengraben ab und spaziere am Wasserlauf entlang. Hier ist es auf einmal deutlich dunkler, der Weg ist aber zum Glück beleuchtet. Nach ein paar Metern kommt mir auf der Promenade eine grosse Gestalt entgegen. Trotz der relativ dunklen Umgebung kann ich aber das Gesicht schon aus der Distanz klar erkennen. Denn es wird von den Aussenleuchten entlang des Schanzengrabens sanft, aber gezielt aufgehellt. Ein Effekt, der die Sicherheit verstärkt, wenn man zu später Stunde allein unterwegs ist.

Links: Zu schwach ausgeleuchtet und mit harten Schattenrändern: Das Gesicht lässt sich nicht mehr lesen und die Intention der Person bleibt im Dunkeln / Rechts: Eine gute Gesichtsaufhellung lässt die Absicht einer Person erkennen und erhöht das subjektive Sicherheitsempfinden

Gesichter sichtbar machen

«Licht beeinflusst unser Sicherheitsempfinden massgeblich», erklärt Thomas Lack, Leiter Lichtanwendung bei Neuco. «Denn wenn wir das Gesicht einer uns entgegenkommenden Person sehen, können wir die Gefahr, die möglicherweise von ihr ausgeht, besser abschätzen. Diese Tatsache kann und muss bei der Planung einer Aussenbeleuchtung im öffentlichen Raum unbedingt berücksichtigt werden.» Erzielt wird die gewünschte «Gesichtsaufhellung» mittels Aussenleuchten, die ihr Licht exakt auf Gesichtshöhe abgeben – ohne dabei zu blenden. Dabei setzt man auf möglichst weiches, diffuses Licht, das für unsere Augen einen angenehmen Kontrast zur nächtlich-dunklen Umgebung schafft. «Wenn ein sehr heller Boden vorliegt, kann man das Licht in manchen Fällen auch ausschliesslich nach unten richten. Die Reflexion reicht dann bereits für eine optimale Gesichtserkennung aus», beschreibt der Lichtexperte.

Gute visuelle Kommunikation und Erkennbarkeit erfordern eine aus­reichende Helligkeit, gerade bei Gesichtern. In Bereichen, in denen Menschen arbeiten oder sich fortbewegen, wird dies durch eine passende mittlere zylindrische Beleuchtungsstärke (Ez) erreicht. Sie definiert die optimale räumliche Erkennbarkeit von Gesichtszügen.

Auf die Situation kommt es an

Auch wenn die Sicherheit einen wesentlichen Aspekt darstellt, sind Gemeinden in der Schweiz nicht verpflichtet, ihr Strassennetz durchweg zu beleuchten. Daher müssen sie das Thema Gesichtsaufhellung nicht zwingend berücksichtigen. Entscheidet sich eine Gemeinde aber dafür, diese Funktion in ihr Beleuchtungskonzept aufzunehmen, gilt es, die Richtlinien gemäss «Schweizer Norm SN EN 13201-2 bis 5 (2016)» einzuhalten. Die Angaben, die dabei angewendet werden, sind die halbzylindrische und die horizontale Beleuchtungsstärke, die zur gewählten Beleuchtungsklasse passen müssen. In der Schweiz gelten die Beleuchtungsnormen jedoch «nur» als Empfehlungen. Sollte es aber zu Streitfällen vor Gericht kommen, können diese Empfehlungen dennoch bindend sein. Hier wird unterschieden: keine Kompromisse bei der Strassenbeleuchtung für die Verkehrssicherheit, mehr künstlerische Freiheiten und lockere Auslegungen beispielsweise bei der Parkbeleuchtung.

Die Expertenmeinung

Neuco hat bereits zahlreiche Strassen, Wege und Plätze in und um Zürich beleuchtet. Je nach Standort und Umgebungslicht ist die Gesichtsaufhellung ein wichtiger Aspekt. Jörg Haller, Leiter Fachabteilung öffentliche Beleuchtung der EKZ (Elektrizitätswerke des Kantons Zürich), gibt uns einen spannenden Einblick in die Verantwortlichkeiten, Normen und Vorgehensweisen im Zusammenhang mit diesem vielschichtigen Thema.

Jörg Haller, Leiter Fachabteilung öffentliche Beleuchtung der EKZ

Herr Haller, Sie arbeiten bei den EKZ. Was verbindet Sie mit der Gesichtserkennung?

Unsere Fachabteilung für öffentliche Beleuchtung beschäftigt sich tagtäglich mit Licht im öffentlichen Raum. Ein grosser Teil unserer Arbeit besteht in der Planung von möglichst guten und adäquaten Beleuchtungen. Das Thema Gesichtserkennung spielt meist in eher städtischen Gebieten und dort vor allem in Begegnungszonen, aber auch in Unterführungen, Parks oder sogenannten «Angsträumen» eine wichtige Rolle.

An Orten, wo sich Menschen begegnen, spielt die Gesichtserkennung eine wichtige Rolle.

Was ist dabei zu beachten?

Die Norm für die Beleuchtung im öffentlichen Bereich enthält Vorgaben für die Anforderungen an die Gesichtserkennung. Diese sind optional für bestimmte Situationen anzuwenden. In diesen Fällen sprechen sich Eigentümer, Stadt- und Lichtplaner ab. Die Gesichtsaufhellung dient der Sicherheit, teilweise verursacht sie aber mehr Licht­emissionen und steht somit im Widerspruch zu den allgemeinen Bestrebungen, die Lichtverschmutzung zu reduzieren. In ländlichen Gebieten oder an Orten, an denen der Strassenverkehr oder das Wohnen im Vordergrund steht, beleuchtet man heute in der Regel von oben nach unten, um eine möglichst gute Sichtbarkeit und möglichst wenig unerwünschte Lichtemissionen zu gewährleisten. Die Gesichtserkennung ist in solchen Situationen zweitrangig. An Orten hingegen, wo sich Menschen begegnen, spielt die Gesichtserkennung eine wichtige Rolle.

Gutes Beispiel für eine optimale Gesichtsaufhellung: die Beleuchtung am Schanzengraben im Herzen von Zürich

Welche Orte und Zonen meinen Sie genau?

Eine häufige Anwendung sind Begegnungszonen und Fussgängerstreifen. Die dort geforderten vertikalen Beleuchtungsstärken ermöglichen eine entsprechende Gesichtsaufhellung. Im Bereich von reinen Fusswegen spielt das Thema immer dann eine Rolle, wenn es darum geht, Poller oder Mast-Aufsatzleuchten einzusetzen. Zur besseren Gesichtserkennung entscheidet man sich meist für eine Mast-Aufsatzleuchte. Aber auch an Bahnhöfen mit vielen unterirdischen Verbindungen ist die Gesichtsaufhellung ein wesentlicher Faktor.

Lässt sich die Wirkung auch statistisch nachweisen?

Das ist schwierig. Denn in erster Linie wird durch die Gesichtsaufhellung die gefühlte Sicherheit erhöht. Gerade in Umgebungen wie Unterführungen hilft sie vielen Menschen. Deutliche Auswirkungen auf die Anzahl von Straftaten lassen sich nicht direkt feststellen.

Was schätzen Sie an Neuco?

Neuco ist für uns ein wichtiger und langjähriger Partner in Bezug auf hochwertige und dekorative Leuchten, mit viel Know-how und einer hohen Dienstleistungsqualität. Und dies ist vor allem dann sehr wichtig, wenn die Beleuchtungsanforderungen hoch sind.

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