Sehen heisst jetzt fühlen.

Haben Sie sich schon einmal Gedanken gemacht, wie Sie das Licht in Ihrem Alltag empfinden? Welches Gefühl eine bestimmte Lichtstimmung in Ihnen auslöst – und weshalb? Nein? Dann ist es jetzt höchste Zeit dafür. Denn Forscher und Entwickler arbeiten aktuell an hoch spannenden Innovationen, die sich mit genau diesen Fragen auseinandersetzen.

Licht begleitet uns ständig. Dennoch, oder gerade deswegen, fällt es uns meist nur dann auf, wenn es eine negative Atmosphäre erzeugt oder komplett fehlt. Experten haben aber festgestellt: Der individuellen Lichtwahrnehmung schenken wir Menschen mehr Aufmerksamkeit, als wir denken. Während ihr Stellenwert in vielen Branchen noch vor einigen Jahren gering war, wird sie heute immer mehr zum Thema. Egal ob in Büros, an Schulen oder in Spitälern.

Ein Konzept, das den Menschen ins Zentrum rückt.

Der Mensch im Zentrum

Auch die Wissenschaft setzt sich je länger je stärker mit der Lichtwahrnehmung auseinander. Mittels Feldstudien konnten Forscher zeigen, dass Wellenlänge und Intensität des Lichts eine messbare Auswirkung auf unser Wohlbefinden, unsere Leistungsfähigkeit und unsere Gesundheit haben. Aus diesen Erkenntnissen ist ein Lichtkonzept entstanden: Human Centric Lighting, oder kurz HCL. Hinter dem Schlagwort steht eine Kunstlichtplanung, die den Menschen und sein individuelles Wohlbefinden ins Zentrum rückt. Mittels verschiedener Lichtfarben und Lichtstärken wird ein Tageslichtverlauf imitiert und kopiert. Dabei kann der Lichtverlauf durch eine ausgeklügelte Lichtsteuerung automatisch dem entsprechenden Breitengrad, der Zeitzone oder der jeweiligen Aussensituation angepasst werden.

LED-Stehleuchten, hier im Einsatz im Swisscom Businesspark in Ittigen, imitieren das Licht von Himmel und Sonnenstrahlen mit zwei unterschiedlichen Farbtemperaturen.

Hohe Anforderungen für eine maximale Wirkung

Thomas Lack, Leiter Lichtanwendung von Neuco, weiss: Eine Lichtanlage, die nach dem HCL-Prinzip funktioniert, muss komplexen Anforderungen genügen. «Entscheidend ist die Farbwiedergabe. Der sogenannte CRI-Wert soll über 90 liegen. Denn das Ziel ist es, unser Tageslicht mit dem Maximalwert 100 möglichst exakt zu kopieren», so der Experte. «Zudem muss die Anlage Farbtemperaturen zwischen 2700 Kelvin (ähnlich unserem Morgenlicht) und 6500 Kelvin (angelehnt ans Tageslicht zur Mittagszeit) übergangslos und flackerfrei ansteuern können.» Darüber hinaus sollen Beleuchtungsstärken erreicht werden, welche die üblichen Werte im Innenraum übersteigen. «Natürlich hängt der Effekt auch von der jeweiligen Raumsituation ab. Besonders wirkungsvoll ist Human Centric Lighting bei Räumen mit grosser Tiefe und geringem Tageslichtquotienten, beispielsweise in älteren Bauten oder grossen Hallen», ergänzt Thomas Lack.

Raumbegrenzungsflächen beeinflussen unsere Lichtwahrnehmung, wie hier im Haus Schwab des NMB Neues Museum Biel

Ein Oberlicht, das keines ist

«Wir wollen uns hier ganz bewusst nicht auf das wissenschaftliche Terrain wagen. Grosse Forschungseinrichtungen und Hersteller setzen sich damit bereits seit vielen Jahren auseinander. Unser Anspruch ist es vielmehr, der Anwendung und Funktionalität dieses Ansatzes die gebührende Beachtung zu schenken», meint Thomas Lack. Bereits heute hat Neuco verschiedenste Leuchten im Programm, die dem HCL-Prinzip folgen. Darunter LED Stehleuchten, die Lichtstimmungen schaffen, welche sowohl das kühle Licht des Himmels wie auch das warme Licht der Sonnenstrahlen imitieren – mit Farbtemperaturen von 3500 bis 5000 Kelvin. «Ein weiteres Beispiel sind Architekturbeleuchtungen, bei denen wir mit grossflächigen Opensky-Elementen oder Lichtdecken den Eindruck eines Oberlichts erwecken», so der Lichtexperte.

Die Wandfarbe wird im Raum weitertransportiert.

Unbewusste Assoziationen

Wer seiner persönlichen Lichtwahrnehmung für einmal ganz bewusst Aufmerksamkeit schenkt, wird merken: Im natürlichen Tageslicht fühlen wir uns am wohlsten. Das ist aber noch nicht alles. «In unserem Gehirn sind unzählige Alltagsszenarien abgespeichert, die wir unbewusst mit einer konkreten Lichtstimmung assoziieren. Als Beispiel: Rötliches Licht verbinden wir mit Schlafen – weisses Licht mit Aktivität», erläutert Thomas Lack. Daher ist es wichtig, dass Lichtplaner diese Prozesse und Assoziationen verstehen – und in ihrer Lichtplanung berücksichtigen. Zugleich hat auch das konkrete Umfeld einen Einfluss darauf, wie wir eine Lichtstimmung empfinden. Im Freien spielen die Flora und Fauna, der Himmel, das Wasser, die Landschaft, Gebäude und natürlich die Menschen vor Ort eine Rolle. Im Innenraum sind es hauptsächlich Raumbegrenzungsflächen sowie Möbel und Menschen, die unsere Lichtwahrnehmung beeinflussen. «In der Lichtplanung stellt dies oftmals eine grosse Herausforderung dar. Denn während der Planungsphase sind manchmal noch nicht alle Raumbegrenzungsflächen bekannt. So kann es passieren, dass Visualisierungen erstellt werden, die dem effektiven Ergebnis absolut nicht entsprechen», erklärt Thomas Lack. Eine ähnliche Schwierigkeit stellt die sogenannte Remission dar – der zu erwartende Weitertransport der Farbe im Raum. Wird ein farbiger Boden oder Wandbelag angestrahlt, kann es sein, dass der gesamte Raum den Farbton aufnimmt und wiedergibt.

Das hat zur Folge, dass sich zum Beispiel in Museen, Ausstellungen oder Verkaufsräumen ein Farbschleier über die ausgestellten Werke und Produkte legt und deren Aussehen total verfälscht. «Ein Effekt, der natürlich unbedingt vermieden werden muss», so der Experte.

Für Ergebnisse, die begeistern

Die Ausführungen von Thomas Lack zeigen: Licht ist nicht nur sichtbar, sondern auch spürbar. Jede Lichtstimmung vermittelt ein bestimmtes Gefühl, das von unterschiedlichen Faktoren geprägt ist. Und nur wenn Lichtplaner, Innenarchitekten und Farbgestalter all diese komplexen Einflussfaktoren genauso kennen wie die entsprechenden Raumbedingungen vor Ort, können sie Ergebnisse erzielen, die vom ersten Augenblick an begeistern.

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